Neustart unter COVID-19-Bedingungen – Sitzung der Gemeindevertretung am 9.6.2020

Nachdem die zuvor geplante Sitzung der Gemeindevertretung der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen war, trafen sich die Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter am 09. Juni 2020 im Bürgerhaus Simtshausen und begannen den Abend mit einem Gedenken an den verstorbenen früheren hessischen Finanzminister Dr. Thomas Schäfer. Danach gab es viel aufzuarbeiten und entsprechend viele Punkte fanden sich auf der Tagesordnung.

Einen Themenschwerpunkt bildeten dabei Entscheidungen rund um die Kindertagesstätten der Gemeinde, wobei gleich der erste Beschlussvorschlag des Gemeindevorstands zum neuen Kindergartenbetriebsvertrag für die Kindertagesstätte Niederasphe eine kontroverse Diskussion auslöste.

Hierzu hatte der Gemeindevorstand vorgeschlagen, einem Trägerwechsel auf den vom Kirchkreis Kirchhain gebildeten „Zweckverband Evangelische Tageseinrichtungen für Kinder“ zuzustimmen, mit diesem einen Kindergartenbetriebsvertrag abzuschließen sowie ab dem 01.01.2021 85 %, ab dem 01.01.2023 90 % der nicht gedeckten Betriebskosten zu übernehmen. Der bisherige Vertrag war mit der Kirchengemeinde Niederasphe geschlossen worden und sah nur eine Kostenübernahme von 80 % vor.

Zu diesem Vorschlag führte Rainer Ulbrich für die UGL-Fraktion unter anderem aus, dass von der Kirchengemeinde schon 2013 der Wunsch geäußert wurde, den Defizitausgleich von 80% auf 90% zu erhöhen, da die Landeskirche die Zuweisungen gekürzt habe. Ein neuer Betriebsvertrag wurde vorgelegt, aber nicht abgeschlossen. In 2017 wurde die Gemeinde über die Bildung des Zweckverbandes für Evangelische Tageseinrichtungen für Kinder im Kirchenkreis Kirchhain informiert, der dann in diesem Jahr startete. Der Gemeindevorstand betonte, dass er dies nur zur Kenntnis genommen und keinerlei Rechtsanspruch anerkannt habe.

Eine vom Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) angeforderte Stellungnahme zu dieser Situation wurde der Gemeindevertretung am 24.7.2017 vorgelegt. Hiernach sei im vorliegenden Fall weder ersichtlich noch vertretbar gewesen, dass die Gemeinde einen für sie ungünstigeren Vertrag abschließt. Dies gelte insbesondere auch deshalb, weil Gebäude und Grundstück nicht der Kirche sondern der Gemeinde gehören.

Die Gemeindevertretung habe im Dezember 2017 einstimmig einen Trägerwechsel zum Zweckverband und eine Anhebung der Defizitbeteiligung abgelehnt. Auch wurde damals schon die Frage aufgeworfen, ob nicht ein Wechsel zu einem anderen Träger möglich sei.

In 2019 sei das Thema wieder aufgetaucht, als vorgetragen wurde, dass die Kirchengemeinde die Differenz zwischen den Zuschüssen der Landeskirche und der Defizitbeteiligung der Gemeinde aus eigenen Mitteln decken müsse.

Die logische Reaktion darauf wäre eigentlich eine ordnungsgemäße Kündigung des Betriebsvertrages durch die Kirchengemeinde gewesen. Das hätte die Gemeinde in die Lage versetzt, frei zu entscheiden, wer denn künftig den Kindergarten betreiben solle. Eine Kündigung erfolgte allerdings nicht.

Ende 2019/Anfang 2020 habe dann eine neue Diskussion der Frage begonnen, und zwar in einem Gremium, das der Bürgermeister gerne als Ältestenrat bezeichnet, das aber, wie Rainer Ulbrich bereits früher moniert hatte, in seiner Zusammensetzung nicht den Regelungen der Geschäftsordnung der Gemeindevertretung entspricht und für die behandelte Frage nicht zuständig ist. Es sei dann in das Ermessen der Fraktionsvorsitzenden gestellt, Informationen aus dem Ältestenrat oder Einsicht in die Protokolle in die Fraktionen weiterzugeben. Nur in den Protokollen stehe nichts, was für eine Entscheidungsfindung hilfreich sei.

Das Protokoll der Sitzung vom 20.2.2020 sei erst am 5.6.2020 erstellt und versandt worden (also nach den Sitzungen der für die Entscheidungsvorbereitung der Gemeindevertretung zuständigen Ausschüsse) und dabei in Teilen eine Kopie der Protokolls der Sitzung vom 04.09.2019, somit in wesentlichen Teilen falsch. Nach Aussage von Michael Haubrok-Terörde seien wesentliche Punkte der Diskussion nicht erwähnt. Die Möglichkeit der Gemeindevertreter, sich ein eigenes Urteil zu bilden, sei aufgrund fehlender nachlesbarer Fakten nicht gegeben.

Weiter beanstandete Rainer Ulbrich, dass der vorgenommene Kostenvergleich (Trägerschaft beim kirchlichen Zweckverband/Übergang zum Verein Kinder sind unsere Zukunft) nur unvollständig sei. Insgesamt seien nämlich die Kosten beim Zweckverband höher, ohne dass dem eine Mehrleistung gegenüberstehe. Natürlich müssten auch ggf. anfallende Abwicklungskosten berücksichtigt werden, aber das könne man nur bei offener Diskussion, wenn alle Daten auf dem Tisch lägen.

Auch in der Vergangenheit von der Gemeindevertretung stets als wichtig angesehene Punkte wie Personalaustausch und gegenseitige Vertretung, Verbesserung der Angebote struktureller und inhaltlicher Art, d.h. gemeinsame Krippenangebote, U3-Betreuung, verschiedene inhaltliche Schwerpunkte, Abstimmung von Ferienzeiten, Ferienbetreuung und sonstiger Angebote blieben ungelöst, wenn der Vertrag mit dem Zweckverband geschlossen würde.

Zum Vertrag selbst nehme die SPD für sich in Anspruch, dass auf ihren Vorschlag substantielle Verbesserungen eingearbeitet worden seien. Diese konnte Rainer Ulbrich allerdings nicht erkennen. Auch zweifelte er an, dass sich die Zusammenarbeit mit einem kirchlichen Träger der Kindertagesstätte Niederasphe in Zukunft besser gestalten würde, als dies in der Vergangenheit der Fall gewesen sei.

Klaus Weisenfeld (SPD), der in Teilen den Ausführungen von Rainer Ulbrich zustimmte, betonte, dass die SPD-Fraktion der Vorlage zustimmen werde, insbesondere auch aufgrund des Wunsches von Eltern aus Niederasphe und Simtshausen, beim kirchlichen Träger zu bleiben.

Harald Dörnbach (CDU) verwies auf die neue Kostenbeteiligung des Zweckverbands bei baulichen Veränderungen.

In der anschließenden Abstimmung wurde der Beschlussvorschlag bei einer Enthaltung und gegen die Stimmen der UGL-Fraktion angenommen, so dass der neue Kindergartenbetriebsvertrag mit dem „Zweckverband Evangelische Tageseinrichtungen für Kinder im Kirchenkreis Kirchhain“ geschlossen wird.

Im Anschluss wurde einstimmig beschlossen:

  • Aufgrund der durch COVID-19 bedingten Schließung wird für die Monate März bis Mai auf die Erhebung von Kindergartenbeiträgen in allen Tagesstätten der Gemeinde verzichtet. Dies gilt auch für die Notbetreuung.
  • Für die nächsten beiden Jahre wird der Kindergartentransfer fortgeführt und der Gemeindevorstand wird beauftragt, über einen neuen diesbezüglichen Vertrag zu verhandeln. Hierzu sollen Daten zur tatsächlichen Nutzung des eingesetzten Busses erhoben werde.
  • Das Kindergartenjahr 2018/19 für die Kindertagesstätte Kesterburg Münchhausen schließt mit einem zusätzlichen Defizit von 17.458,85 € ab. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass im November 2018 eine Krippengruppe eingerichtet wurde, für die in der ursprünglichen Planung noch keine Kosten vorgesehen waren.

Ebenso einstimmig stimmten die Gemeindevertreterinnen und –vertreter den Änderungen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans „Mischgebiet Hainsbirken“ ebenso zu, wie dem Antrag auf Aufnahme aller fünf Ortsteile der Gemeinde in das Dorfentwicklungsprogramm des Landes Hessen. Sofern die Aufnahme in das Programm gelingt, können insbesondere die Bürgerinnen und Bürger von den Förderungsmöglichkeiten im privaten Bereich profitieren, aber Chamcen ergeben sich auch für die innerörtliche Entwicklung, gerade im Zuge der Verlegung der B 252.

Kenntnis nahm die Gemeindevertretung von der dritten Änderung des Landesentwicklungsplans Hessen. Klaus Weisenfeld beanstandete hierbei, dass für die Gemeinde Münchhausen nur wenige Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt würden, Bürgermeister Peter Funk wies darauf hin, dass in der Vergangenheit inhaltliche Stellungnahmen der Gemeinde in Plan nicht berücksichtigt worden seien.

Wiederum einstimmig erging der Beschluss zur Umstrukturierung und zur Aufnahme weiterer  kommunaler Beteiligter an den Gesellschaften der EAM.

Mit drei Enthaltungen wurde auch der letzte Beschlussvorschlag des Gemeindevorstands befürwortet, ein Punkt der in der Vergangenheit bereits auf der Tagesordnung stand, aber wegen weiteren Klärungsbedarfs verschoben worden war, nämlich die Prioritätenliste für den künftigen Endausbau von Erschließungsstraßen. Letztlich wird in dieser Liste der Ausbau von fünf Straßen terminiert, weitere Straßen sollen Zug um Zug festgelegt werden, so dass künftig Anliegerinnen und Anlieger mit einem Vorlauf von 3-4 Jahren über den geplanten Ausbau informiert sind. Aktuell gelingt dies mit der Straße „Auf der Höhe“ nicht, deren Ausbau in 2022 vorgesehen ist. Aus diesem Grund enthielten sich drei Gemeindevertreter der Abstimmung. Die weitere Prioritätenliste: Raiffeisenstraße/Am Scheid (Ausbau 2023), Auf dem Triesch (2024), Am Berge/Taubenweg (soweit zuvor noch nicht endausgebaut), Am Sonneneck (2025), Amönauer Weg (2026).

Keine Mehrheit fand schließlich der Antrag der UGL-Fraktion zum geplanten Windpark Niederasphe. Mit dem Beschlussvorschlag sollte die Fa. UKA Meißen aufgefordert werden zu erläutern, weshalb sie sich auf juristischen Weg dagegen wehrt, Dritten Akteneinsicht in die beim Regierungspräsidium eingereichten Unterlagen zu den Genehmigungsanträgen der Windkraftanlagen zu gewähren.

Hierzu führte Michael Haubrok-Terörde aus, dass sich an der grundsätzlichen Zustimmung der UGL zu den Windrädern nichts geändert habe. Auch wies er darauf hin, dass die UKA Meißen nach den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes das Recht habe die Akteneinsicht zu verweigern. Allerdings sei es von Beginn an im Sinne der Gemeindevertretung gewesen, dass die Bürgerinnen und Bürger hinter der Entscheidung für die Anlagen am geplanten Standort stünden. Hierzu wäre eine Transparenz hinsichtlich der zu treffenden Entscheidungen hilfreich.

Bürgermeister Peter Funk führt aus, er halte den Antrag derzeit nicht für erforderlich, weil vom Gemeindevorstand derzeit der Versuch unternommen werde, UKA Meißen, die Fa. Krug sowie die Bürgerinitiative aus Niederasphe an einen Tisch zu bringen.

Nachdem Johannes Wagner für die CDU die Ablehnung des Antrags angekündigt hatte, signalisierte Bernd Zimmer für die SPD-Fraktion zunächst eine Zustimmung. Allerdings stimmten dann zwei SPD-Gemeindevertreter mit der CDU Fraktion, so dass bei Stimmengleichstand (9:9) der Antrag abgelehnt wurde.

Zu einer Anfrage der CDU-Fraktion bezüglich der künftigen Holzvermarktung konnte Bürgermeister Funk noch keine endgültige Lösung präsentieren.

Im Rahmen der Mitteilungen des Gemeindevorstands wies Bürgermeister Funk unter anderem auf die gute Entwicklung beim Verkauf der gemeindeeigenen Bauplätze hin, berichtete von den anstehenden Bauarbeiten bei Maßnahmen des Dorfentwicklungsprogramms (Außenfassade des DGH Wollmar, Eurisius-Cordus-Platz) sowie im Bürgerhaus Münchhausen, informierte über den Fortgang hinsichtlich des geplanten Gewerbeparks, für den es noch Gegenwind aus dem Regierungspräsidium gebe, erläuterte die weitere Schließung der Bürgerhäuser und Leichenhallen in der Gemeinde bis zum 31.08.2020 und gab schließlich bekannt, dass aufgrund der Corona-Krise im Jahr 2020 möglicherweise bis zu 300.000,– € im Gemeindehaushalt fehlen werden.

Nachdem noch mündliche Anfragen der Gemeindevertreterinnen und –vertreter behandelt worden waren, schloss die Sitzung mit einer persönlichen Erklärung des Vorsitzenden der UGL-Fraktion, Michael Haubrok-Terörde, der mitteilte, dass er künftig an Sitzungen des Ältestenrates der Gemeindevertretung nicht mehr teilnehmen werde, zu denen in einer nicht den Regelungen der Geschäftsordnung entsprechenden Form eingeladen wird, an denen Personen teilnehmen, deren Teilnahme von der Geschäftsordnung nicht vorgesehen ist oder in denen Themen und Inhalte beraten werden, die außerhalb des von der Geschäftsordnung beschriebenen Rahmens liegen.

Der Zusammenhang der Erklärung mit dem Zustandekommen des Beschlussvorschlags zum neuen Kindergartenbetriebsvertrag ist offensichtlich.