… mal wieder! Der Begriff „Energiewende“ stammt aus dem Jahr 1980 (!) und war der Titel eines Buches des Öko-Instituts Freiburg: „Energiewende – Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl und Uran“. Immer wenn es Krisen gab, erlangte das Thema Interesse der Politik und der Öffentlichkeit.
Vorrangig wurde aber erst einmal nur die Kernenergie betrachtet. Der Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 förderte erste zaghafte Diskussionen – ohne einen Durchbruch zu bringen. Erst im Jahr 2000 kam durch die rot-grüne Bundesregierung Fahrt in der Auseinandersetzung auf, nach dem mit den Versorgungsunternehmen der „Atomkonsens“ beschlossen wurde. Zwei Kernkraftwerke wurden abgeschaltet, für die anderen wäre ein Betrieb mit begrenzten Strommengen bis ca. 2020 möglich gewesen.
Nach zwischenzeitlicher Laufzeitverlängerung durch das Kabinett Merkel kam der Einschnitt nach dem Reaktorunglück 2011 in Fukushima in Japan. Danach wurden schon im gleichen Jahr 8 Kernkraftwerke in Deutschland vom Netz genommen und der schon lange geforderte Atomausstieg schrittweise bis zum Jahr 2022 beschlossen. Die Stromerzeugung aus alternativen Energien – hauptsächlich aus Windkraft und Photovoltaik – wurde als Ziel ausgerufen.
Ein anderer Vorstoß, die Energiewende anzutreiben, resultiert aus der Diskussion, den CO2-Ausstoß auf der Erde zu reduzieren, um die Erderwärmung zu stoppen. Dies wurde erstmals international auf der Pariser Klimakonferenz 2015 vereinbart. Hier geht es vornehmlich um die fossilen Energieträger Erdöl, Kohle und Erdgas. In diesen Prozess kam zunächst eine Dynamik durch die verschiedenen Initiativen, wie zuletzt „Fridays For Future“, die mit öffentlichkeitswirksamen Demonstrationen und Aktionen mehr Tempo für die Energiewende einforderten.
Jetzt hat der Krieg in der Ukraine den Begriff in Presse und Öffentlichkeit wieder in den Blickpunkt gerückt. Nur geht es jetzt nicht um Atomausstieg oder Klimaschutz, sondern um Geld und die Angst, auf einmal nicht genügend Kohle, Erdöl und Gas zu haben, um im kommenden Winter den Bedarf in Industrie, Gewerbe und privaten Haushalten decken zu können.
Natürlich ist die Energiewende so schnell nicht herbeizuführen, so dass aktuelle Informationen über die akuten Lösungen der Energieproblematik eher erschrecken:
- Einkauf von Flüssiggas, das z.B. in den USA durch Fracking gewonnen wird
- Diskussion über die Freigabe von Fracking in Deutschland (wurde 2012 schon einmal diskutiert)
- Bohrungen nach Erdöl im Wattenmeer und im hessischen Ried
- Steigerung des Kohleimports
Wenn man noch dazu aktuelle Umfragen in der Bevölkerung sieht, bei denen inzwischen eine deutliche Mehrheit wieder für die Nutzung von Kernkraft ist und den Tankrabatt befürwortet, stellt sich die Frage: Was ist in den letzten 50 Jahren schiefgelaufen?
1972 wurde ein Bericht des „Club of Rome“, einer Vereinigung internationaler Wissenschaftler, veröffentlicht: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Schon damals wurde auf die Endlichkeit der fossilen Rohstoffe, die Schädlichkeit der Treibhausgase für das Klima, auf Probleme bei der Ernährung der Weltbevölkerung und auf dringend notwendige Forschung zu diesen Problematiken hingewiesen. Die Reaktionen darauf waren eher verhalten, ja wurden sogar als „Schwarzmalerei“ bekämpft.
Das führt mich zu folgenden Thesen:
- Es fehlt ein Gesamtkonzept – es werden immer nur Einzelmaßnahmen vorangetrieben, ohne die in einen Zusammenhang einzubinden.
- Forschung, Entwicklung und Umsetzung werden durch Staat und Unternehmen nur dann mit ausreichend Geld finanziert, wenn absehbar ein positives Ergebnis zu erzielen ist, d.h. dass man damit Geld verdienen kann.
- Genehmigungs- und Bezuschussungsverfahren dauern zu lange und sind sehr kompliziert – egal ob unternehmerisch oder privat.
Zu 1:
- In der gesamten Diskussion zur Energiewende wird die Komplexität der Zusammenhänge der Maßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt.
- Strom für E-Autos, Wärmepumpen oder Wasserstoffgewinnung muss ausreichend verfügbar sein – hierzu wird mehr Strom benötigt als bisher und eine Speicherung muss möglich sein, die Sonne scheint nun einmal nur tags. D.h. die Speichertechnologien im Großen müssen erarbeitet und realisiert werden. Die Speicherung im Privatbereich muss so kostengünstig sein, dass der Nutzer diese finanzieren kann.
- Die Stromversorgung muss stärker dezentralisiert werden – mit entsprechenden Technologien der Steuerung von Verbrauch und Speicherung.
- Energiesparen beginnt im Kleinen: Vereinheitlichung von Ladegeräten, Abschaltung der Geräte bei Nichtgebrauch, Optimierung der Geräte im Standby.
- Eine deutliche Erhöhung des Stromverbrauchs benötigt eine leistungsfähigere Leitungsinfrastruktur.
Zu 2:
- Die Kernfusionsforschung, die auch schon seit den 1970er Jahren versucht, Energiegewinnung wie auf der Sonne zustande zu bringen, ist eine teure Forschung, da aufwändige Anlagen benötigt werden. Die Forschungsgelder der meist internationalen Einrichtungen sind begrenzt, so dass es nur sehr langsame Fortschritte gibt.
- Die Energiegewinnung durch Photovoltaik und Wind ist bekannterweise nicht konstant. D.h. bei Überproduktion müssen die Windkraftanlagen abgeschaltet werden, bei Stillstand müssen Kraftwerke mit fossilen Energieträgern zugeschaltet werden. Es fehlt also an Speichertechnologien. In Deutschland gibt es aktuell nur 26 Pumpspeicherkraftwerke, deren Kapazität nicht ausreicht, um den Energiebedarf für Deutschland zu puffern. Obwohl eine Erweiterung technisch möglich wäre, betonen die Betreiber, dass das nicht wirtschaftlich realisierbar sei (siehe auch zu 1:).
Zu 3:
- Natürlich darf es keinen Freifahrtschein für den Bau von Anlagen für erneuerbare Energien oder Speicher geben. Doch sollte trotz Schutz von Menschen, Tieren und Natur eine Vereinfachung der Verfahren realisierbar sein. Als erste Maßnahme sollte eine personelle Aufstockung der zuständigen Behörden Erfolg bringen.
- Nicht zuletzt müssen Investoren eine kalkulierbare Rendite erzielen können. Sonst würde nur eine Verstaatlichung der Energieversorgung helfen.