Ein Beitrag von Rainer Ulbrich
Im Bürgermeisterwahlkampf tauchen immer wieder die Stichworte „Jugendförderung, Jugendarbeit, Ferienspiele“ auf. Problem ist, dass aus den Aussagen der Bürgermeisterkandidaten und aus der Presse für den Bürger nicht nachvollziehbar hervorgeht, worum es eigentlich geht.
Ich will versuchen, hier den aktuellen Sachverhalt zu skizzieren.Kommunale Jugendarbeit war schon immer eine Forderung der UGL seit ihrer Gründung. Kommunale Jugendarbeit sollte die Betreuung der Kinder und Jugendlichen sicherstellen, die nicht in Vereinen gebunden sind. Anfangs wurde die Forderung zurückgewiesen mit dem Hinweis, das sei keine Aufgabe der Kommune. Ein erster Versuch eines selbstverwalteten Jugendraumes im Jugend- und Vereinshaus in Münchhausen scheiterte. Immer wieder gab es Versuche, eine Jugendarbeit zu etablieren, z.B. über eine geförderte Maßnahme durch eine Jugendpflegerin, jedoch keiner war von Erfolg gekrönt, da die Kommune entsprechende Mittel nicht bereitgestellt hat.
Ein hoffnungsvoller Ansatz war Ende 2006 die Gründung eines Kinder- und Jugendringes (KJR), in dem sich zunächst 20 Mitglieder aus Vereinen und gemeindlichen Gremien zusammengeschlossen haben. Ziel war, die ehrenamtliche Arbeit der Vereine zu bündeln, zu koordinieren und zu unterstützen. Es gab eine Satzung und einen Vorstand, der KJR – Sprecher war Ulrich Mengel. Es gab auch positive Ergebnisse: z.B. lieferten die Kinder- und Jugendforen in den fünf Ortsteilen Informationen über die Wünsche und Vorstellungen der Kinder und Jugendlichen. Aber schon bei der Erstellung der Informationsbroschüre, in der sich die Vereine vorstellen konnten, zeigte sich deren mangelnde Bereitschaft zur Kooperation. Letztlich scheiterte das Projekt KJR daran, dass Vorstandsmitglieder zurücktraten und kein Ersatz gefunden wurde und zuletzt auch der Vorstandssprecher Ulrich Mengel sein Amt aufgab – andere Aktivitäten waren ihm wichtiger.
Unabhängig davon liefen jeden Sommer seit vielen Jahren die Ferienspiele der Gemeinde Münchhausen. Die Form der Durchführung variierte – zeitweise wurden die Spiele nur ehrenamtlich von Bürgern der Gemeinde durchgeführt, in anderen Jahren wurden externe Leiter für die Durchführung beauftragt. In fast allen Jahren waren Vereine der Gemeinde mehr oder weniger einbezogen. Aber auch hier gab es zuletzt Ermüdungserscheinungen und es wurde immer schwieriger, in den Ortsteilen Vereine und Mitwirkende zu finden.
In der Zwischenzeit ist der Bürgermeister Peter Funk „auf einen anderen Zug aufgesprungen“: es bot sich die Möglichkeit, gemeinsam mit den Kommunen Wetter, Lahntal und Cölbe eine Jugendpflege zu schaffen, deren Kosten in den ersten Jahren großzügig vom Bund gefördert wurden, so dass für die Gemeinde vergleichsweise geringe Kosten entstanden. Somit entstand 2009 die „Jugendförderung Nordkreis“, die sowohl die Jugendarbeit vor Ort – damals die entstehenden Jugendclubs – betreute, als auch die Durchführung der Ferienspiele übernahm. Dies wurde von allen Beteiligten mit großer Erleichterung aufgenommen – war es doch eine deutliche Entlastung und professionalisierte die Jugendarbeit.
Die Arbeit funktionierte anfangs recht gut. In den Folgejahren, nachdem die Förderung ausgelaufen war und sich das Personal geändert hatte, machte sich immer größere Unzufriedenheit breit. Die Ferienspiele wurden in Wetter zentralisiert, die Teilnehmerzahl aus Münchhausen dabei und bei anderen Angeboten wurde immer niedriger. Die Rückfragen des Sozialausschusses bei der Jugendförderung führten nicht zu Lösungen, die Aufsicht durch den Bürgermeister wurde nicht ausreichend wahrgenommen (zur Erläuterung: Dienstherr im Verbund ist der Bürgermeister von Wetter), den Ursachen der Verschlechterung wurde nicht nachgegangen, es gab keine klaren Forderungen an die Jugendpflege, welche Leistungen sie erbringen soll. Das Interesse an den Jugendclubs ging zurück. Die Jugendförderung Nordkreis hatte keine Antwort darauf. Durch die Nichtbesetzung einer Stelle seit 2014 fanden Leistungen vor Ort in Münchhausen nicht mehr statt, obwohl dafür noch Budget vorhanden gewesen wäre.
In diesem Jahr wurde der Vertrag mit den Nordkreiskommunen durch die Gemeindevertretung gekündigt. Der Auftrag der Gemeindevertretung lautet: Neuverhandlung des Vertrages. Bei dieser Gelegenheit sah die Gemeindevertretung erstmals den Wortlaut des 2009 abgeschlossenen Vertrages. Das Erstaunliche dabei: der Vertrag beinhaltetete einen Passus, nach dem zur Jugendförderung Nordkreis ein Beirat gebildet werden sollte, der aus den Bürgermeistern und je einem Mitglieder der Gemeindevertretung der Mitgliedskommunen bestehen sollte. Diesen Beirat hat es nie gegeben, der wurde nie einberufen. Hier hätte es eine Kontrollfunktion durch die Gemeindevertretung gegeben.
Im Rahmen des Bürgermeisterwahlkampfes müssen wir erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass Ulrich Mengel die Jugendförderung Nordkreis nicht braucht, dass Peter Funk den ursprünglichen Rahmen zurückfahren will, um Kosten zu sparen.
Das ist nach unserer Ansicht ein Rückfall in die Neunziger Jahre. Wir sind der Auffassung, dass die Jugendförderung Nordkreis grundsätzlich der richtige Weg ist. Der Umfang der Leistungen muss aufrecht erhalten werden. Die Gemeinde muss nur dafür sorgen, dass sie die richtigen Vorgaben macht und entsprechende Forderungen stellt. Durch die Zahl der Mitarbeiter ist gewährleistet, dass im Krankheitsfall oder bei Urlaub Vertretungen regelbar sind. Die Verzahnung mit der Wollenbergschule Wetter bringt zusätzliche Vorteile. Warum soll ausgerechnet hier interkommunale Zusammenarbeit nicht möglich sein, die für andere Bereiche insbesondere von der SPD vehement gefordert wird.
Kinder- und Jugendarbeit verändert sich ständig. Wenn heute Jugendclubs attraktiv sind, sind diese morgen „out“. Diesen Herausforderungen muss sich eine Jugendpflege stellen und mit veränderten Konzepten reagieren. Jugendliche mit Betreuungsbedarf sind immer da.